Gehirnwäsche durch Meme

Gehirnwäsche durch Meme

Vorwort von Osimandia

Das englische Original wurde am 7. Januar 2015 von einem Foristen namens “kingslayer111″ unter dem Titel I work for the US government, and I have proof we’re all being brainwashed via memes in der “Nosleep”-Gemeinschaft auf reddit.com veröffentlicht.

Viel zweifelhafter kann eine Quelle eigentlich gar nicht mehr sein, deshalb ist es mir wichtig, vorauszuschicken, dass mir das sehr wohl bewusst ist. Tatsächlich gehe ich mit großer Wahrscheinlichkeit davon aus, dass es sich um Belletristik handelt. Ich habe den Link dazu in einem Kommentarbereich zu dem Anschlag in Paris gefunden, fing an zu lesen und die Geschichte zog mich in ihren Bann. Auch wenn ich die Rahmengeschichte eher nicht glaube, klingt der eigentliche Inhalt erschreckend wahr, und der kleine Gedanke ‘Es könnte ja vielleicht tatsächlich echt sein’ ließ sich nicht ganz vertreiben. Aber lesen Sie selbst. (Links,  Hervorhebungen im Text und Bilder sind von mir.)

 

matrix

Ich arbeite für die US-Regierung und ich habe den Beweis dafür, dass wir alle mittels Memen gehirngewaschen werden.

Wenn ihr auf Reddit  seid, wisst ihr, was ein Mem ist. Zur Hölle, wenn ihr heutzutage im Internet seid, dann wisst ihr, was ein Mem ist. Es ist ein kurzer, süßer Ansturm auf den Kopf, ein kaum vorhandenes Bild, das man in Sekundenbruchteilen verarbeitet und dann hinter sich lässt. Es ist der größte Insiderwitz der Welt. Es ist ein massiver Zeitverschwender und ein Weg, sich ein bisschen weniger “für immer alleine” zu fühlen.

Es ist auch eine Waffe in einem Krieg, von dem ihr nicht einmal wisst, dass es ihn gibt.

Ich bin – oder war – ein hochrangiger Social-Media-Stratege für eine Abteilung der Regierung, von der ihr nie gehört habt. Die meisten Leute denken “Social-Media-Stratege” ist ein nebulöser Titel, den überbewertete Blender verwenden, damit sich altbackene Firmen jung und am Puls der Zeit fühlen können. Und in 90% der Fälle ist das auch so. Es ist einfach nur Bullshit und Marketing-Jargon. Zur Hölle, das ist auch das, von dem ich anfänglich dachte, dass ich es wäre: ein überbewerteter Schlagzeilenschreiber, gerade gut genug für Upworthy oder BuzzFeed. Das war allerdings, bevor ich Kriege anzettelte, Meinungen prägte und weltverändernde Entscheidungen heranreifen ließ.

Alles begann im Jahr 2003, als ein ehemaliger Collegefreund mich einlud, mit ihm eine Woche auf Hawaii zu verbringen, alle Kosten würden übernommen werden. Hawaii war so umwerfend, wie eine tropische Insel mit Bikinimädchen nur sein kann, wenn du 23 bist und das erste Mal in deinem Leben in einem Siebensternehotel wohnst.

Steve hatte vier von uns eingeladen, und die ersten drei Tage verbrachten wir in etwas, von dem ich heute weiß, dass es eine klassische Honigfalle war. Wir machten jede Nacht Party mit 19-jährigen Models, die (obwohl ich das damals nicht wusste), dazu angeheuert worden waren, besonders nett zu uns zu sein. “Uns” – das waren drei gesellschaftlich unbeholfene Doktoren und ich (ein gesellschaftlich unbeholfener Collegeabbrecher). Wenn wir uns gerade nicht den Arsch wegsoffen und Party machten (und tatsächlich auch, während wir das taten), saßen wir unter den Sternen eines Privatstrandes, vertieft in Gespräche über Weltpolitik, die Zukunft von Computersprachen, die unermesslichen Weiten des Weltraums… eben über all die Sachen, die betrunkene Ingenieure interessant finden. Wenn wir nicht zusammensaßen, tauschten wir Nachrichten aus, wenn wir keine Nachrichten austauschten, chatteten wir.

Ich bin – anders als Steve – immer introvertiert gewesen. Verdammt, ich war sogar steif gegenüber meiner eigenen Familie. Aber diese Jungs – die fantastischen Fünf, wie wir uns selbst nannten – wurden zu meinem Stamm. Ihr könnt mich dafür auslachen, dass ich das sage, aber ich hungerte mehr nach ihrer Freundschaft und Anerkennung als nach den 19-jährigen Supermodels.

Ich schätze, ich habe das damals nicht begriffen, aber es war in einer dieser Nächte, dass Steve einen Gedanken in unsere Köpfe pflanzte, einen Gedanken, der ihm schließlich half, uns zu rekrutieren. Es war nach 9/11, in den Tagen, als der Irakkrieg gerade begonnen hatte, und wir hatten eine heftige Debatte darüber, ob der Krieg moralisch gerechtfertigt war, und was die Rolle der USA in der Weltpolitik sein sollte.

Das Lagerfeuer warf flackerndes Licht auf vier von uns, Bierflaschen ruhten halb begraben im Sand. Steve lag auf dem Rücken und starrte hinauf zur Milchstraße, die über uns schimmerte, seine Zigarettenglut tanzte wie ein einsames Glühwürmchen über uns.

Wir anderen saßen aufrecht, lehnten uns vor und gestikulierten mit den Händen,  stritten, schrien und debattierten. Andy sagte:

“… im Grunde haben wir uns nie von unserem Konzept des Manifest Destiny wegbewegt – von der Vorstellung, der amerikanische Weg sei der einzig richtige Weg – und dass es seine Bestimmung ist, sich von einem Ende des Globus bis zum anderen auszudehnen.”

“Bei diesem Krieg geht es nicht darum, wegen Land in einen Staat einzumarschieren.” entgegnete ich verärgert.

Steve richtete sich auf und schüttelte den Sand aus seinem Haar.

“Das ist richtig. Bei diesem Krieg geht es ganz und gar nicht um Land.”

Die lautstarke Debatte ging in respektvolle Stille über, als er einen tiefen Zug an seiner Zigarette nahm. Steve war unser Führer, und wenn er sprach, hielten wir die Klappe.

“Seht her, Jungs – Krieg ist der Weg, wie die amerikanische Wirtschaft leistungsstark bleibt. Die größten Rüstungsfirmen der Welt sind amerikanisch, und all die Munition, die hergestellt wird, braucht jemanden, der sie verbraucht. Es wird immer irgendeinen Krieg geben – als Land brauchen wir Kriege, um überschüssige Arbeitskraft abzusaugen und Geldfluss zu schaffen. Landgewinne sind nur ein nebensächlicher Zusatznutzen. Der wahre Grund, aus dem wir Kriege führen, ist, andere Regionen zu destabilisieren und unsere Wirtschaft leistungsstark zu erhalten. Frieden würde nur einen Haufen von gefährlichem Wettbewerb schaffen.”

“Was bist du denn für ein Hippie?” schnaubte Andy. “Du hörst dich an wie ein durchgeknallter Verschwörungstheoretiker.”

“Ich bin ein Patriot.” sagte Steve. “Ich bin stolzer Amerikaner und glaube fest an Manifest Destiny. Aber die Welt hat sich verändert: In den alten Tagen wurden Imperien erbaut, indem man Länder eroberte. Heute werden Imperien erbaut, indem man Köpfe erobert.”

“Wie der Große Bruder?” lachte ich. “1984 kam und ging, und ich glaube nicht, dass Orwells Wahnvorstellungen von totaler Kontrolle wahr geworden sind.”

“Noch nicht vielleicht.” sagte Steve achselzuckend. “Aber lass noch zehn Jahre ins Land gehen. Lass Computer in jedermanns Haus einziehen, lass Internetzugang allgegenwärtig werden. Dann sehen wir wieder. Vergiss nicht, dass das Militär das Internet erfunden hat.”

“Steve, du bist nichts als ein versiffter Hippie.” grinste Andy und nahm einen kräftigen Zug aus seiner Bierflasche. “Das einzige, was dir noch fehlt, ist ein Batikhemd und eine Blume im Haar.”

Es gab etwas nervöses Gelächter. Wir alle stimmten mit Andy überein, aber Steve klang sich seiner so sicher – auf so ruhige Art und Weise überzeugt.

“Denkt, was ihr wollt.” sagte Steve und zuckte mit den Achseln. “Hier ist das, was ich weiß: Krieg ist ein unwichtiges Nebenprodukt unserer Weltherrschaft, ein billiges Glitzersteinchen in einer Schatulle voller Juwelen. Wenn Amerika die Welt kontrollieren möchte, muss es die Meinungen der Welt kontrollieren, nicht ihre Ölversorgung. Mein neuer Jobs ist es, genau dazu beizutragen.”

“Was ist das überhaupt für ein Job? Wie kannst du dir all das hier leisten?” fragte Yuri. “Die Supermodels, das Siebensternehotel, die Partys, das teure Essen? Und noch wichtiger: Warum gibst du all das Geld für uns Loser aus?”

“Ich habe mit jedem von euch in dem einen oder anderen Job schon mal zusammengearbeitet.” sagte Steve. “Ihr seid die vorausdenkendsten Ingenieure, die ich kenne. Das hier ist kein Urlaub, es ist ein Vorstellungsgespräch. Ihr seid hier, weil ich denke, dass ihr die intelligentesten Männer auf dem Planeten seid.”

Wir erröteten. Zumindest weiß ich, dass ich das tat. Ich fühlte ein warmes Glühen des Akzeptiertseins, als ich ihn das sagen hörte. Steve – das Genie, das in Yale einmal während einer Statistikvorlesung einen Nobelpreisträger korrigiert hatte – dachte, ich sei intelligent.

“Vorstellungsgespräch?” fragte Andy mit runtergeklappter Kinnlade.

Steve ignorierte ihn. “Hat einer von euch dieses Buch von Richard Dawkins gelesen? Das egoistische Gen?

Wir zuckten alle mit der Schulter. “Nein.”

“Dawkins hat ein neues Konzept erschaffen. Das Mem. Ein Stück Inhalt, das wie ein Virus von einem zum anderen springt und sich auf seinem Weg verändert, bis es quer über Sprachen und Kulturen hinweg augenblicklich begriffen wird.”

Und?”

“Behaltet das im Hinterkopf und hört zu.” Steve nahm einen letzten Zug an seiner Zigarette und begrub sie im Sand.

“Seit dem Aufkommen der Demokratie sind Regierungen Sklaven der öffentlichen Meinung. Wenn die Meinung der Massen stark genug ist, kann sie selbst die mächtigsten Imperien zerbrechen.”

“Das stimmt.”

“Das ist der Grund, aus dem eines der vordringlichsten Dinge, die Regierungen tun, das ist, darin zu investieren, herauszufinden, wie man Meinungen bildet.”

Wir schwiegen, lehnten uns vor, Ellbogen auf den Knien, angespannte Gesichter. Steve lächelte.

“Seht, der Durchschnittsmensch ist ein sehr beschäftigter Mensch. Er hat seine eigenen Probleme – Liebesprobleme, Geldprobleme, Familienprobleme, Statusprobleme. Der durchschnittliche Joe hat etwa dreieinhalb Minuten pro Tag zur Verfügung, um über weltbewegende Angelegenheiten nachzudenken. Das sind dreieinhalb Minuten, die für Hunderte von Themen aufgeteilt werden müssen. Das heißt, der durchschnittliche Joe bringt ungefähr drei Sekunden pro Thema auf. Je nach seiner Persönlichkeit schließt er sich der “orthodoxen Ansicht” an, die in seiner Zeitung gedruckt steht, oder der konträren Weltsicht, die Verschwörungstheoretiker und Rebellen verbreiten.

Sucht euch ein Thema aus, irgendein beliebiges Thema – Abtreibung, Gesundheitswesen, Bildung, Politik: Der durchschnittliche Joe wird es in einem Rahmen von schwarz und weiß sehen und entsprechend eine Meinung ausdrücken. Sogar mit Ländern ist das so – nehmt einfach die USA – entweder liebt ein Ausländer die USA und würde gerne dort leben, oder er hasst sie und denkt, sie reprästentieren das Böse. Kein Mensch hat Zeit, sich nuancierte Gedanken zu machen.”

Wir nickten.

“Und jetzt stellt euch vor, wie sich das millionen- und abermillionenfach anhäuft. Eine Flutwelle von Stimmen, die alle genauso wie ihre Meinungsformer akustische Bites verwenden – und stellt euch, wenn ihr wollt, vor, dass wir einen Weg gefunden haben, diese Meinungen zu kontrollieren.”

“Du jagst mir Angst ein.”

“Das ist meine Absicht.” sagte er. “Die USA führen einen Krieg – nicht nur im Irak – sondern einen weltweiten Krieg, der entscheiden wird, welche Kultur dieses Jahrzehnt – zur Hölle nein – dieses Jahrtausend beherrschen wird. Wir kämpfen dafür, eine weltweite Kultur zu erschaffen, die uns für alle Zeiten eine Supermacht bleiben lässt. Ich kämpfe für mein Land, weil wir schließlich verdammtnochmal dazu bestimmt sind, die Welt zu beherrschen.”

Du bist voller Scheiße.” sagte Andy. “Das ist alles nur Gerede ohne Resultate. Niemand kann auf diese Weise die Massen kontrollieren. Gib mir ein Beispiel!”

Feminismus” sagte Steve achselzuckend.

“Was ist damit?”

“Es gibt drei Ansichten, die Leute zum Feminismus haben: Erstens: Ihn als unwichtig abzutun, während man mit ein paar offensichtlichen Punkten wie ‘Vergewaltigung ist böse und sollte nicht gebilligt werden’ übereinstimmt. Zweitens: Sie sind fanatische Feministinnen, die denken ‘Alle Frauen werden verfolgt und alle Männer sind böse’. Dittens: Sie sind Männerrechtler, die Feministinnen hassen und denken, dass die alle drauf aus sind, sie zu kastrieren.”

“Das klingt ungefährt richtig.”

“Es ist eines meiner stolzesten Werke.” lächelte Steve. “Es ist das, was mir meinen derzeitigen Job eingebracht hat. Ich habe die Debatte erschaffen, als das Thema wieder aufkam.”

“Du hast was?”

“In Wirklichkeit war es ein Testfall. Ich habe versucht, zu beweisen, dass sowohl Feministinnen als auch Antifeministen dadurch verlieren, dass sie ihr eigenes Geschlecht verteidigen, weil sie nicht merken, dass Geschlechterrollen beide einschränken. Männer leiden unter den Folgen genauso wie Frauen, sie leiden nur auf unterschiedliche Art und Weise. Doch anstatt das zu erkennen, sich die Hände zu reichen und schließlich das Genderkonzept zu verwerfen, trug ich dazu bei, die Diskussion so zu steuern, dass sie zu einer einfacheren, greifbareren Männer-gegen-Frauen-Debatte wurde. Eine Debatte, die für immer weiterwüten wird, ohne dass je eine erkennbare Änderung eintreten wird. Dieses Ausbleiben einer Änderung wird schlussendlich vorteilhaft für Marktteilnehmer aller Branchen sein – von Damenmode über Autos und Kinofilme bis hin zu Gewehren.”

An diesem Punkt, so glaube ich, schüttelte ich meinen Kopf in Unglauben. Andy schüttelte seinen Kopf wie ein Hund, der bestrebt ist, Wasser aus seinen Ohren zu bekommen.

Steve lachte. “Ich habe das gemeistert – und es war ein hartes Stück Arbeit – indem ich Meinungsbildner auf beiden Seiten gesucht habe, und ihnen ein paar ausschlaggebende als Unruheherde geeignete Ereignisse geliefert habe, um Streit hervorzurufen.”

“Warum?”

“Ich hab’s euch doch gesagt. Um den Streit zu kontrollieren. Und damit die Welt zu kontrollieren. Religionen haben das in der Vergangenheit betrieben – sie haben die Welt mittels Kontrolle über menschliche Emotionen und Glauben  kontrolliert. Das hat extrem gut funktioniert, ausgenommen, dass Religionen singulär sind: ‘Folge unserem Weg oder fahr zur Hölle’ und zwar wörtlich. In dem Augenblick, wo du so etwas sagst, kommt ein Schlaumeier daher, verschränkt seine Arme vor der Brust und widersetzt sich dir.

Nein!

Ich erkannte, dass es genau so sehr in der menschlichen Natur liegt, sich der Mehrheit widersetzen zu wollen, wie es in der menschlichen Natur liegt, Teil der Mehrheit sein zu wollen.

Wenn man alle kontrollieren will, muss man begreifen, dass Rebellion bei jeder Propaganda unvermeidlich ist. Wenn man also Propaganda erschafft, muss man seine eigene Rebellion gleich mit dazu erschaffen, um rebellischen Naturen die Illusion von Kontrolle zu geben.

Auf diese Art und Weise kontrolliert man heimlich beide Seiten dadurch, dass man einen künstlichen Krieg erschaffen hat, der das Hauptthema verborgen hält – auf die Art, wie ich einen künstlichen Krieg zwischen Männern und Frauen erschaffen habe, um die Tatsache zu verhüllen, dass Geschlechterrollen und -erwartungen für beide tödlich sind.”

“Jesus” flüsterte Andy.

Steve grinste, seine Zähne leuchteten im Sternenlicht. Das Lagerfeuer war inzwischen zu kleinen Flämmchen erloschen und er saß im Schatten, sodass nur das Weiß seiner Zähne zwischen den dunklen Schatten sichtbar war. “Wie ich euch gesagt habe, Freunde, dies hier ist kein Urlaub, es ist ein Vorstellungsgespräch.”

Ich schluckte.

“Es wird eine Weile dauern, aber ich möchte euch in meinem Team haben – ich werde euch von Grund auf trainieren und gemeinsam werden wir unaufhaltbar sein. Trenderkunder, Streiterschaffer, Verbreiter des amerikanischen Weges. Das ist es, was das Leben ausmacht, Jungs – nicht das Rennen im Hamsterrad und auch nicht das vergebliche Streben nach Macht. Leben bedeutet, die eigentliche Essenz der Geschichte zu formen.”

“Wie?” fragte ich. “Mit Memen?”

“Ja.” lächelte er. “Wie ich vorher schon gesagt habe, der durchschnittliche Joe hat drei Sekunden Zeit zur Verfügung, die er einem vorgegebenen Thema widmet. Ich möchte Artefakte schaffen – auf Bildern basierende virale Meme – die dazu beitragen werden, Meinung zu bilden. Wir vergraben verborgene Botschaften in belanglosen Witzen.

Wir schaffen künstliche Gemeinschaften, die den Kampf zwischen Mehrheit und Rebellen quer über verschiedene Themen hinweg wiederherstellen. Am Ende werden wir – um Lex Luthor zu zitieren – die Welt übernehmen.”

Am Ende haben wir – um Steve zu zitieren – die Welt übernommen.

Zehn Jahre.

Wir arbeiteten zehn Jahre und erreichten alles, was Steve gesagt hatte. Seht euch um und ihr werdet die Wahrheit in dem, was ich gesagt habe, erkennen. Die Debatte stirbt so langsam ab – und wird von Steinewerfen und Hysterie ersetzt. Jedes beliebige Thema, alle Themen von Bedeutung haben die Menschen dazu gebracht, sich über ihre Zäune hinweg anzuschreien, ohne dass irgendjemand sich drum kümmert, die Ursache an der Wurzel anzugehen. Zur Hölle denkt doch nur an eure eigenen Präsidentschaftswahlen – sie sind zu einem Marionettentheater geworden.

Warum poste ich das im Internet, obwohl ich weiß, dass ich wegen meiner Enthüllungen getötet werden könnte?

Erstens, weil ich sterbe.

Ich habe das vergangene Jahr mit dem Versuch verbracht, mich von einer seltsamen Krankheit zu heilen, von der ich überzeugt bin, dass es eine langsame Poloniumvergiftung ist. Ich habe das Jahr versteckt auf einer tropischen Insel ohne Siebensternehotel und ohne Bikinimädchen verbracht. Es war ein vergebliches Jahr, denn ich sterbe trotzdem. Die Krankheit in mir schleicht voran und tötet Tag für Tag ein Stückchen mehr von mir – und mit jedem Tag mehr, der mir von meinem Leben geraubt wird, leide ich mehr an verheerenden Gewissensbissen.

Ich bin immer noch genauso patriotisch wie ich schon immer war – trotz allem, was ich gesehen habe, glaube ich von ganzem Herzen, dass der amerikanische Weg gut für die Menschheit ist und dass er über unsere Grenzen hinaus verbreitet werden muss – ich bin nur nicht mehr sicher, ob der Zweck die Mittel heiligt.

Ich weiß auch, dass unser Land nicht mehr das einzige ist, dass diese Taktiken anwendet. Viralität ist heute ein weltweites Erzeugnis.

So, das war Grund 1.

Grund 2: Ich habe sowieso keine Hoffnung, dass irgendjemand mir glaubt. Die Nosleep-Gemeinschaft war mein letzter Zufluchtsort. Die meisten von euch werden weggehen und denken, dass ich Bullshit erzähle, werden unfähig sein, überhaupt zu verstehen, wovon ich rede.

Andere unter euch werden weiter das Internet durchstreifen, hilflos süchtig nach dem morgendlichen Schuss Emails und Meme und Insiderwitze und Twitterdebatten. Euch niemals bewusst, wie leicht ihr von einer Armee von Wissenschaftlern, Marketingfachleuten und Ingenieuren manipuliert werden könnt. Euch niemals die Mühe machend, mehr als drei Sekunden nachzudenken, bevor ihr eure Meinung hinausschreit – was nichts anderes ist, als wie ein Papagei die Meinung der Leute nachzuplappern, die ihr am coolsten findet.

Aber vielleicht, ganz vielleicht werden ein paar von euch – eine kleiner intelligenter Teil – sich an Tom Riddles Tagebuch aus der Kammer des Schreckens (Harry Potter) erinnert fühlen. Das Internet gleicht ihm in vielerlei Hinsicht. Hört um Gottes Willen darauf, was Rowling sagte.

Traue niemals etwas, das für sich selber denken kann, wenn du nicht sehen kannst, wo es sein Gehirn hat.

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Nachbetrachtungen von Osimandia

Soweit der Forenbeitrag. Er hat bis jetzt 405 Kommentare nach sich gezogen, die ich nicht gelesen habe, nachdem ich die ersten als “Top-Kommentare” bezeichneten nicht gerade übermäßig gut fand und mit der Suchfunktion auch keine Kommentare des Autors kingslayer111, die mich schon interessiert hätten, gefunden habe.

Der letzte Satz hat mich aber etwas irritiert und belastet. Tatsächlich ist es ja auch so, dass die Leser dieser Zeilen offensichtlich erkennen, dass ich ein Gehirn besitze, aber “nicht sehen können, wo das ist”. Und genauso geht es mir umgekehrt mit jedem Gesprächspartner hier. Der Gedanke, dass wir – ohne uns dessen bewusst zu sein – ebenfalls Meme verbreiten könnten, die nicht von uns selber sondern von professionellen Meinungserschaffern stammen, hat mich zunächst erschreckt. Wir sind ja hier auch im Internet.

Ohne diesen Gedanken vollständig aus dem Hinterkopf zu entlassen, habe ich diese Besorgnis dann aber verworfen, denn letztendlich würde er uns zu verzweifeltem oder resigniertem Schweigen verdammen, wenn wir ihn übernehmen würden. Wir sind nicht der “durchschnittliche Joe”, der nur dreieinhalb Minuten täglich auf weltbewegende Angelegenheiten verwendet, und selbst wenn wir den Aufbewahrungsort der Gehirne von Gesprächspartnern hier nicht im Wortsinne sehen können, können wir aufgrund der kleinen Zahl und der hohen Qualität und Länge der Beiträge genauso gut (und vielleicht sogar besser als bei losen Bekanntschaften im echten Leben) erkennen, dass es sich um gut unterscheidbare Persönlichkeiten handelt.

Ich denke daher, dass die Warnung sich mehr auf die anonymeren großen Plattformen bezieht, insbesondere auf diejenigen, die als “Social Media” bekannt sind, da der Autor sich ja auch selbst als Social-Media-Stratege bezeichnet hat. Und diesbezüglich denke ich, dass der Autor recht hat, selbst wenn er nichts von dem ist, was er vorgibt zu sein.

Dawkins Buch ist aus dem Jahr 1976 – da war das Internet zwar bereits erfunden (tatsächlich vom Militär und möglicherweise schon von Anfang an nicht nur zum Zweck des Eigengebrauchs?), spielte aber noch keine Rolle. Meme konnten sich selbstverständlich auch schon vor der Internet-Ära verbreiten. Zweifellos ist aber das Internet ein enormer Verstärker und Beschleuniger ihres Verbreitungswegs. Aufgrund seiner sehr jungen Existenz ist es auch noch gar nicht möglich, abzuschätzen, wie es sich langfristig auswirken wird. Es ist möglich, dass sich die gesamte menschliche Gesellschaft durch das Internet auf eine Weise radikal ändert, die Generationen vor seiner Existenz als der Übergang in eine “Gedankenleser-Gesellschaft” erschienen wäre, wenn sie davon in einem Sciencefictionroman gelesen hätten.

Wir nutzen das und sollten das auch weiterhin tun. Es wäre aber geradezu wahnwitzig, anzunehmen, dass die Gegenseite, dass die professionellen Meinungsformer, dass diejenigen, die schon Jahrhunderte und Jahrtausende davor bestrebt waren, ganze Völker mittels  Gehirnviren zu kontrollieren, schön brav bei Druckerzeugnissen, Fernsehen und den Online-Auftritten dieser Medien bleiben werden und die rebellischen Naturen [“natural born rebels”] auf eigene Faust vor sich hinwursteln ließen. Auch gegenüber alternativen Medien auf der Hut zu sein, ist daher sicher ein guter Rat.

je_suis_fou

Ich halte “Je suis Charlie” für ein vorsätzlich verbreitetes Mem, genau wie in dem obigen “Geständnis” beschrieben. Tatsächlich habe ich mich auch schon gewundert, wie schnell die Plakate aufgetaucht sind. Wo kommen die her? Manche sehen handgeschrieben aus, aber die meisten sind gedruckt und gleichartig. Wer verteilt die?

WER?

WOZU?

Das sind die Fragen nach der Wurzel, die aber in dem wahnwitzigen Streit, wer denn nun das Recht hat, Charlie zu sein oder nicht, vollkommen untergehen.

Bereits anderthalb Stunden nach dem Anschlag ist “Je suis Charlie” in den sozialen Medien aufgetaucht und hat sich wie ein Virus verbreitet. Wer hat es als erster dort geschrieben? Eine harmlose Privatperson? Das ist möglich, denn dieses “Ich bin…” und “Wir sind…” gab es schon vorher. Aber wäre es in dem Fall nicht bei ein paar Antworten “Ja, ich auch!” geblieben und wieder verschwunden?

Ich weiß es nicht. Aber ich denke ab jetzt darüber nach, denn es hat auf jeden Fall einen Streit – und zwar einen hochgradig verrückten Streit – hervorgerufen.

Dazu fällt mir ein, dass “Streitkultur” als etwas Positives gilt,  ja dass die Demokratie nicht nur von dieser “demokratischen Streitkultur lebt”, sondern dass sie selbst nichts anderes als die Erhebung der “Streitkultur” zum politischen System ist. Was anderes als Streiten wird denn in einem Parlament getan und mit der politischen Opposition bezweckt? Natürlich ist es normal, dass politische Entscheidungen – egal, ob sie von einer demokratischen Regierung oder einer Diktatur kommen – nicht bei allen auf Zustimmung stoßen und Widerspruch hervorrufen, aber nur in der Demokratie ist dieser Widerspruch als politische Opposition Teil des Systems und kann somit sehr leicht kontrolliert werden, und in Folge davon orientiert sich die Opposition des Volkes daran  und wird damit beeinflusst und unfrei.

Das ist auch der tiefere Sinn und Zweck. Wer glaubt, politische Parteien seien dazu da, den Willen des Volkes umzusetzen, irrt. In Artikel 21 des Grundgesetzes steht unverblümt und ausdrücklich, dass es genau umgekehrt ist:

Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.

Wenn man das nicht ignoriert und sich einfach selber – durch nichts fundierte – Luftschlösser darüber baut, was Demokratie ist, wie es die meisten tun, sondern es wörtlich nimmt, dann kann man den etablierten Parteien nicht vorwerfen, irgendetwas falsch zu machen oder gar “undemokratisch” zu sein. Sie tun ganz genau das, was laut Grundgesetz ihre Aufgabe ist: Sie prägen den Willen des Volkes oder – weniger euphemistisch ausgedrückt – sie betreiben Gehirnwäsche. Damit es funktioniert, müssen es mehrere Parteien sein, und wenn das alte Parteienspektrum nicht mehr ausreichend divers für effiziente Gehirnwäsche ist, müssen neue geschaffen werden: Grüne, Linke, Piraten, AfD.

Das, was  “Steve” erklärt

Wenn man alle kontrollieren will, muss man begreifen, dass Rebellion bei jeder Propaganda unvermeidlich ist. Wenn man also Propaganda erschafft, muss man seine eigene Rebellion gleich mit dazu erschaffen, um rebellischen Naturen die Illusion von Kontrolle zu geben.

ist selbstverständlich auch schon in Zeiten vor der Erfindung des Internets durch die Erfindung und Verbreitung der modernen Demokratie praktiziert worden –  davor sicher auch, aber bei weitem nicht in dem Ausmaß. Demokratie mag auch ein politisches System sein, sie ist aber weit mehr als das ein Mittel zur vollumfänglichen Meinungskontrolle, und Talkshows im Fernsehen sind Demokratie zum Quadrat – viel leichter den Massen nahezubringen als Parlamentsdebatten zwischen Regierung und Opposition, die man sich früher umständlich durch Zeitunglektüre zu Gemüte führen musste. In jenen Zeiten konnten sich noch sehr viel mehr Menschen als heute – sei es aus Faulheit,  Leseschwäche,  Zeitmangel oder Ekel  – vor der öffentlichen Debatte in Sicherheit bringen als heute. Und ich meine “in Sicherheit” nicht ironisch sondern wörtlich! Heute bleibt nur noch der Ekel als Rettungsweg und tatsächlich ist das wohl auch der Grund, aus dem man selbst auf Plattformen wie PI als Kommentar über öffentliche Debatten so häufig liest “Ich könnte kotzen!” Sie ziehen nur nicht die richtige Konsequenz daraus, weil sie gelernt haben, dass es ihre demokratische Pflicht ist, “politisch interessiert” zu sein.

Das Internet und insbesondere die sozialen Medien könnten Demokratie hoch zehn sein. Daher ist es m.E. heutzutage nicht mehr von Belang, ob eine Partei im Parlament vertreten ist oder nicht. Solange sie in der öffentlichen Debatte präsent ist, ist es exakt dasselbe, als ob sie im Parlament wäre.

Ich glaube auch für den Fall, dass die Geschichte von kingslayer1111 tatsächlich zutreffend sein sollte, keine Sekunde, dass die Praxis, gezielt Meme und Gegenmeme zu erschaffen und zu verbreiten, um sinnlose Streitereien auszulösen, von Amerikanern ausgeht. Es ist natürlich dennoch gut möglich, dass es von staatlichen Behörden der USA ausgeht, (wobei ich eher annehme, dass es die so genannten “Think Tanks” und andere NGOs sind) und die Strategen auch der Ansicht sind, sie würden den “amerikanischen” Weg verbreiten. Arthur Trebitsch schrieb schon fast ein Jahrhundert zuvor, dass Juden sich dadurch auszeichnen, dass sie

Gegenmaßnahmen gegen die Maßnahmen ihrer Gegner ergreifen, bevor diese die eigentlichen Maßnahmen ergreifen.

Was anderes ist das, als die Rebellion gegen eine Propaganda mit der Propaganda gleich mit zu erschaffen?

Am Ende möchte ich nur noch ein Beispiel erwähnen: die Zuwanderungsdebatte. Hier wurde zu der orthoxen Position “Wir müssen gutmenschlich alle reinlassen, die Hilfe brauchen” die rebellische Gegenposition “Wir brauchen Fachkräfte” entworfen. Die tatsächliche Wurzel des Problems und damit seine Lösung ist aber:

Wir müssen (bis auf handverlesenen Einzelpersonen) niemandem dadurch helfen, dass wir ihn zuwandern lassen, und wir brauchen auch keine Fachkräfte, Rentenzahler oder Ausgleicher unseres Geburtendefizits. Wir brauchen gar keine Zuwanderung sondern Rückwanderung – platt ausgedrückt: Ausländer raus!

Und genau das ist es, was die Streithähne beider Seiten meiden wie der Teufel das Weihwasser!

Sie sind sich einig, dass das eine ungeheuerliche Forderung ist. Die einen unterstellen den anderen, sie würden das insgeheim denken. Und die anderen sind damit beschäftigt, zu beteuern, dass diese Unterstellung eine Unverschämtheit ist, man niemals so etwas denken, geschweige denn aussprechen würde und sich eilfertig von all jenen zu distanzieren, die das auch nur eventuell andenken könnten oder schon mal mit jemandem Kaffee getrunken haben, der das tut.

In einer etwas anderen und im Grunde noch verrückteren Nuancierung tobt parallel der Streit um die Islamisierung, wobei es darum geht, ob fremdrassige Moslems unangenehmere Zuwanderer sind als fremdrassige Nichtmoslems und ob es rassistisch oder “Nazi”  ist, wenn man Moslems den Islam abdressieren will. Auch hier ist wieder Konsens zwischen den aggressiv streitenden Parteien: Zuwanderung ist selbstverständlich, Rassismus ist böse und Nationalsozialismus ist abgrundtief böse. Die Islamstreiterei ist nur das Trägermedium für das Mem.

Die Initialzündung für die Aufnahme dieser Haltung in die öffentliche Debatte war Sarrazin, danach wurde sie parteipolitisch von der AfD übernommen und von Pegida auf die Straße getragen und damit für die rebellischen Naturen zum “Willen des Volkes” geadelt. Dass nicht alle der Demonstrationsteilnehmer dieser Ansicht sind, ist belanglos, es sind wohl auch nicht alle AfD-Mitglieder und Sarrazin-Leser dieser Ansicht, vermutlich nicht einmal alle Anhänger der alten Parteien.

Es ist nur von Bedeutung, was in der öffentlichen Debatte stattfindet, und innerhalb dieser wird man keinen AfD-Politiker und keinen Pegidasprecher finden, der an die Wurzel geht, der sich an das heranwagt, was mit dem Streit zwischen den Anhängern des “orthodoxen Mems” und den Anhängern des “rebellischen Mems” schön unter dem Mantel des Schweigens und unter der Wahrnehmungsschwelle bleiben soll.

Manche halten Sarrazin, AfD und Pegida auch dann, wenn sie ihre Forderungen für bei weitem nicht ausreichend halten, für einen “ersten Schritt”. Ich sehe es anders. Ich halte diese Phänomene für Gegenmaßnahmen des Systems zur Einhegung eventuell aufkommender tatsächlicher erster Schritte für die offiziell erschaffene Rebellenposition gegenüber der Orthodoxie, für die künstliche Hervorrufung eines Streites, der augenscheinlich höchst lautstark, allgegenwärtig und aggressiv geführt wird, der – wie “Steve” es anhand der Feminismusdebatte bechreibt:

für immer weiterwüten wird, ohne dass je eine erkennbare Änderung eintreten wird.

Und zwar genau zu dem Zweck!

Das mag deprimierend klingen, und erfreulich ist es wirklich nicht gerade. Ich denke aber dennoch, dass ein Ausweg möglich ist.

Bewahren wir uns bei allen öffentlich geführten Debatten die Angewohnheit, diejenigen Punkte, in denen sich die Gegner bis aufs Messer streiten, desinteressiert an uns abperlen zu lassen, und stattdessen nach dem Punkt oder den Punkten zu suchen, worin sie übereinstimmen, ohne das jemals auszusprechen, weil es “selbstverständliche Grundvoraussetzung” ist.

Denn es gibt sie!

Die geistige Freiheit jenseits der “demokratischen Streitkultur” und “öffentlichen Debatten” !

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